Noch ist der Leitzins niedrig, doch es kommen wohl andere Zeiten auf die Banken zu
Die Europäische Zentralbank war nicht immer gerade die Schnellste, wenn es um das Reagieren auf die aktuellen Probleme und Befindlichkeiten der Finanzmärkte in der Eurozone geht. Manchmal zeigt man sich aber auch sehr kämpferisch, auch am heutigen Freitag. Da hat der Präsident der EZB einige klare Worte in Richtung der Banken gerichtet.
“Unser Regelwerk erlaubt es uns, die kurzfristigen Zinsen zu ändern, auch wenn wir unsere unkonventionellen Maßnahmen weiter laufen lassen, falls dies nötig ist. Diese Möglichkeit hat wichtige Konsequenzen. Sie bedeutet, dass der EZB-Rat Zinsmaßnahmen mit der Rücknahme der Liquiditätsmaßnahmen kombinieren kann. Es gibt keine festgelegte Abfolge von Änderungen des Leitzinses und der Rücknahme der anderen Maßnahmen.”
Der Leitzins ist eines der maßgeblichen Instrumente für die Finanzmärkte, um die Höhe von Kreditzinsen und Zinsen für Geldanlagen festlegen zu können. Die starke Senkung des Leitzinses, der auch auf der gestrigen Ratssitzung der EZB auf dem historischen Tief von 1,0 Prozent belassen wurde, sollte eigentlich eine Senkung der Zinsen von Krediten zur Folge haben. Dieser Maßgabe, zu der die Banken jedoch nicht gesetzlich verpflichtet sind, sind die meisten Geldinstitute bis heute nicht gefolgt. Stattdessen zogen die Banken die Bedingungen für Unternehmenskredite an und sorgten damit in der Folge für eine immer gravierender werdende Kreditklemme.
Nun macht die Europäische Zentralbank ein wenig Druck, während auch die Bundesregierung Maßnahmen beschlossen hat, um der Kreditwirtschaft ein wenig mehr zu zeigen, wie sie eigentlich zu handeln hat in diesen Zeiten. Und sie auch in die endlich notwendige eigene Verantwortung zu ziehen, auch und gerade wenn es um die Kreditklemme geht, welche der Wirtschaft einen nicht unerheblichen Schaden zufügen kann – und die von den Banken immer noch klein oder gar als nicht existent beschrieben wird.
All dies geschieht am Rande des heute und morgen stattfindenden Weltfinanzgipfels, dem G20-Treffen, das wie auch der letzte Gipfel bereits, in London seinen Platz gefunden hat. Dort geht es auch darum, weiter eine Linie zu fahren, bei der Stabilisierung der Finanzmärkte und wie die Hilfen langsam auch auslaufen können und bei dem derzeit verstärkt ausgetragenen „Kampfes“ gegen die Steueroasen.
Der Leitzins ist jedoch als wichtiger Maßstab für die Kreditzinsen vielleicht immer noch das wichtigste Instrument. Es ist jedoch zu erwarten, dass bei einem Wiederanziehen des Leitzinses in der Folge auch die Zinsen für Kredite wieder ansteigen werden. Vielleicht ist es deshalb in der derzeitigen Situation, gerade bei der Baufinanzierung, sich nicht auf eine lange Phase des niedrigen Leitzinses zu verlassen, sondern bald Entscheidungen zu treffen über den Bau oder Kauf eines Eigenheims. Helfen würde eine Leitzinserhöhung auf jeden Fall den Anlegern, da die Zinsen für Tagesgeld und Festgeld in der Folge auch wieder steigen würden. Dennoch heißt es auch hier, nicht abzuwarten mit der Geldanlage. Das Beispiel der, zumindest für Unternehmen, Start-Ups und Selbständige, klemmenden Kreditwirtschaft lehrt uns wahrscheinlich am ehesten, dass die Europäische Zentralbank eben nicht alles mit dem Leitzins regulieren kann, sondern dass auch noch andere Maßnahmen erfolgen müssen, um die Banken zu einem Nachziehen zu bewegen. Solange müssen wir als Verbraucher selbst sehen, wie wir am günstigsten an gute Kredite und an gut verzinste und dennoch sichere Geldanlagen kommen.